Reiseberichte


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WHISKY FÜR EINEN GIPFEL

Pünktlich um 9 Uhr steht der Bruder unserer Beamtin vor der Tür, auf geht’s! Am Stadtrand biegen wir auf breiter Asphaltstraße Richtung Berg. Zwischen Bretterbuden sind hier neue Siedlungen im Bau, alle im Einheitslook. Natürlich gelangen wir an eine der Polizeikontrollen, bei Weißen zögern sie aber und wir gelangen ohne Zahlung weiter. Bald darauf passieren wir eine Mautstelle und zweigen danach bei einer der heruntergekommenen Elendsbehausungen nochmals ab, stehen kurz darauf vor einem Balken, in einiger Entfernung ein paar Leute, die jovial andeuten, dass da kein Durchkommen ist. Was soll das?
Unser Fahrer fragt bei den Bretterbuden nach, ein Beamter zeigt sich gewillt, bis zum Fahrzeug zu schlurfen und buchstabiert eine ganze Weile unseren Genehmigungs-Zettel, der Verdacht keimt auf, dass er des Lesens gar nicht mächtig ist.
Schließlich stellt er fest, dass ein normales Taxi nicht auffahren darf. Enttäuscht beraten wir uns mit Felix, der ruft einen Freund an und wir zischen in die Stadt zurück. Eine Weile müssen wir warten, bis sein Cousin Jose mit seinem Privatauto eintrifft, nun kostet es aber das Doppelte. Zu dritt steigen wir ein, wieder retour, wieder zahlen bei der Mautstelle, in beiden Richtungen übrigens jeweils.

Wieder stehen wir vor dem Balken, der Beamte wackelt an. Ob wir Kopien von der Genehmigung haben? Natürlich nicht, also wieder zurück! In einer kleinen Ortschaft suchen wir die Kopierstelle auf, sie hat geschlossen, fast ganz zurück die Strecke jetzt, das ist unausweichlich.
Neuerlicher Anlauf, zahlen bei der Mautstelle, abbiegen zum Balken. Dreist blickt uns unser Freund an: Wir sind frei, aber unsere beiden Begleiter haben keine Genehmigung, die dürfen da nicht durch! Sylvia ist am Explodieren und springt aus dem Auto, da hat Geri den korrupten Wichtigtuer schon auf die Seite genommen. Madame soll im Auto bleiben, schreit er und man sieht Geldscheine flattern. Jetzt geht der Balken endlich hoch! Keine Fotos, schreit er uns noch nach, selbstverständlich!

Die Fahrt durch afrikanischen Regenwald verläuft bis oben hin auf guter Teerstraße, zu beiden Seiten Bananenstauden, Laubwald, Baumriesen mit mystisch anmutenden Flechten, die gespenstisch im Wind flattern und Vulkanbrocken. Nach einer Stunde sind wir auf 3000m angelangt.
Auf einem kleinen Plateau befinden sich eine Blechhütte und ein rostiger Sendemast, die Bauarbeiter kriegen große Augen, als wir da auftauchen. Der Chef tritt vor, wir halten ihm den Schrieb unter die Nase und erbitten den Aufstieg auf die letzten elf Meter des Grashügels. Misstrauisch fragt er uns nach den Beweggründen, die er sowieso nicht versteht. Er ist so verblüfft, dass er einwilligt, Sekunden später stehen wir neben dem Gipfelstein des höchsten Berges von Äquatorialguinea, des 3011m hohen Pico Basile, einer der Top 100 unter den most prominent peaks of the World, sicher der korrupteste Berg, den wir jemals bestiegen haben. Was will man noch mehr!
Als wir absteigen, bettelt uns der Chef um Geld für einen Whisky an. Das kannst du haben Bursche, für Gipfelfotos mit dir persönlich! Auf den Deal geht er tatsächlich ein, Geldscheine wechseln wieder den Besitzer, sicherlich sind das die ersten Fotos, die jemals vor Ort offiziell gemacht wurden!

Es ist ziemlich kalt und windig, wir hauen ab, beim Balken ist diesmal keine Menschenseele zu erblicken, wir schieben ihn eigenhändig weg. Nach wenigen Kilometern landen wir wieder bei einem Polizeiposten, diesmal sind andere Beamte im Einsatz, einer wälzt sich aus der Laube und pflanzt sich neben dem Wagen auf. Heiß ist es, und er hat so viel Arbeit, raunzt er, während er lästige Fliegen mit einem grindigen Fetzen von seinem ranzigen Hals vertreibt. Ganz recht, erwidert Geri, heiß ist es, ansonsten rührt keiner von uns ein Ohrwaschel. Die lästige Schmeißfliege kann uns mal, für heute ist es genug der Abzocke. Er wiederholt zaghaft sein Sprüchlein, dann registriert er, dass da nichts für ihn drin ist und lässt uns ziehen. Zugegeben, abends besaufen wir uns mit Gin, da können wir endlich befreit lachen und das Kabarett genießen!

Wir haben auch noch weitere Genehmigungen eingeholt und wollen nun ans andere Ende der Insel. Vorbei an winzigen, ärmlichen Behausungen brettern wir mit einem Taxi auf guter Asphaltstraße mit rasantem Tempo dahin, das geht etwa eine Stunde gut.
Dann treffen wir erneut auf eine Sperre, flankiert von zwei Polizisten, lässig an einem roten, allerdings ramponierten Sportwagen gelehnt, wie im Film! Gelangweilt schlendert einer daher und brüllt gleich beim Fenster rein, dann erfolgt längeres Schweigen. Während er die Papiere von unserem Fahrer einkassiert, beschäftigt sich sein Kompagnon mit einem ebenfalls angehaltenen Lastwagen vor uns. Schließlich steigt unser Fahrer aus und wandert auf die andere Straßenseite, scheint zu verhandeln, dann gerät alles wieder ins Stocken. Was passiert denn nun?
Er kommt zurück und klärt uns auf, Geld wollen sie natürlich, wofür weiß er angeblich nicht. Die Zeit vergeht, wir könnten platzen! Nach einer Weile springt Sylvia mit dem Schein aus dem Auto und fuchtelt damit hinüber, aber das scheint ihnen doch unangenehm zu sein und sie winken ab. Nun drücken wir dem Fahrer das Geld in die Hand und er geht zahlen. Da fühlt sich doch einer bemüßigt, mit uns zu reden: Uns trifft ja keine Schuld, aber der Fahrer hat keine Genehmigung für dieses Gebiet! Zum Kotzen ist das alles!

Endlich dürfen wir die Fahrt fortsetzen, bei Luba werden wir noch mal aufgehalten. Aber diesmal werden wir nur freundlich aufgefordert unsere Pässe und die Genehmigung zu zeigen, dann biegen wir auch schon nach Moca ab. Von der Küste weg zieht sich die Straße durch den Dschungel bis auf 1500 m Höhe hinauf.
Vor dem Steingebäude des Bioko Biodiversity Protection Program halten wir an und werden von dem jungen Amerikaner Bryan begrüßt. Er arbeitet hier im Auftrag von Exxon für die Erhaltung der Mandrill Affen und Schildkröten, eine fragwürdige Angelegenheit, sind sie doch auch Nahrungsquelle der ansässigen Leute. Als Ausgleich werden sie hier beschäftigt und erhalten somit Geld, das sie eigentlich von der Regierung erhalten sollten, denn die verdient mächtig am Öl des Landes.
Wir sind die ersten Individualtouristen, ansonsten wird die Station nur von amerikanischen und spanischen Gruppen aufgesucht, meistens weil sie im Land arbeiten.

Wir bringen unser Gepäck in einem einfachen Zimmer unter, ein Guide steht gleich zur Verfügung und führt uns mit dem Jeep zum Ausgangspunkt einer herrlichen Dschungeltour. Wir ziehen über von hohen Bäumen und bunten Sträuchern begrenzte weite Wiesenabschnitte, gelangen bald auf schmalem Pfad in hohe Gräser und Farne, überqueren ein Bächlein und tasten uns vorsichtig über glitschige Wurzeln und Gesteinsbrocken abwärts.
Die Ruhe und Stille ist ungemein wohltuend, nur das Zirpen der Grillen und hin und wieder ungewöhnliche Vogelgeräusche sind zu vernehmen, einmal stöbern wir Kühe mit gewaltig großen, gebogenen Hörnern auf. Bald sind wir am Ziel: Vor uns dehnt sich eine tiefe Schlucht aus, am gegenüberliegenden Hang rauschen zwei Kaskaden hinab, in der Talsenke drunten soll noch nie ein Mensch gewesen sein. Eine Weile bleiben wir auf einem Baumstamm sitzen und genießen das Naturschauspiel, dann treten wir den Rückweg an. Allmählich wird es dämmrig und sogar recht kühl. Der Dschungel erwacht zum Leben, seltsame Frosch- und Vogellaute hallen durch die Nacht. Wir saugen die Idylle auf, bis uns die Müdigkeit ins Zimmer treibt.

Die Heimreise erfolgt ohne nennenswerte Aufzahlung, bei heiklen Polizeistellen wird einfach durchgerast, bevor die Beamten sich noch aus der samstäglichen Ruhe erheben können. Einen reizvollen Abstecher bietet uns der Fahrer noch zu einem Strand, dann fahren wir in die Stadt zurück, von wo aus wir wieder den Flug nach KAMERUN nehmen.
Wir werden uns rasch mit einem Taxifahrer einig, der uns ins 75 km entfernte Buea bringt. Auf staubiger Hauptstraße geht es zwischen unzähligen Bretterbuden und winzigen Geschäften dahin, überall herrscht emsiges Treiben, Marktstände wechseln mit Reparaturstellen jeglicher Art. Natürlich passieren wir hier auch etliche Polizeiposten, aber da herrscht durchwegs Freundlichkeit und eben wirklich nur Kontrolle.



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