Reiseberichte
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ES LEBE DER FUSSBALL!
Dicke Schneeflocken trudeln gegen Mitternacht vom Himmel und verwandeln die überzuckerte Märchenlandschaft in Wien anderntags in eine zerronnene, nasskalte Öde. Nichts wie weg, wir wollen Wärme in unsere Glieder strömen lassen!
Dafür nehmen wir einiges in Kauf, denn ein Visum für Äquatorialguinea ist normalerweise nicht zu haben. Just in diesem Jahr findet aber dort der Afrika Cup statt, und so flehen wir als absolute Fußballfreaks gnädig um Einreiseerlaubnis. Tatsächlich erhalten wir ein Visum!
Ende Jänner finden wir uns also am Flughafen ein, schwirren über Istanbul und Yaounde und setzen um 1 Uhr nachts in KAMERUN in Douala auf.
Gleich schlägt uns der heiße Dampf entgegen und bringt uns beim Durchschreiten endloser Gänge in dem unter Renovierung stehenden Gebäude und bei diversen Passkontrollen gehörig ins Schwitzen. Endlich geht es nach draußen, und damit in ein typisch afrikanisches Getriebe, jeder wittert ein Geschäft mit uns, jeder verlangt Bakschisch für geringe Gefälligkeiten. Auf unsere Frage, wofür denn, weiß er oft selber keine Antwort.
Durch eine finstere, ungemütliche Gegend brausen wir ins nahe Hotel, das große Eisentor muss erst aufgesperrt werden, ehe wir in den Innenhof gelangen, dort liegt der Nachtwächter zwischen den Autos und wälzt sich unruhig im Schlaf, als wir einfahren. Beißender Mief schlägt uns aus der Rezeption entgegen, aber die Empfangsdame ist freundlich und unser Fahrer erklärt sich sogar bereit, irgendwo Wasser und Bier aufzutreiben.
Am Morgen kehren wir zum Flughafen zurück und nehmen dabei die erdrückende Umgebung wahr, elende, staubige Bretterbuden und trister, sich dahin ziehender, weitläufiger Bruch. Wir sind bei den ersten am Check-in Schalter, trotzdem dauert es endlos, bis sich die am Pult lümmelnden Beamten aus ihrem Dämmerzustand erheben. Befreit schöpfen wir dann noch einmal frische Luft im Freien und durchlaufen in weiterer Folge etliche Kontrollstationen.
Beim letzten gibt es jäh ein böses Erwachen für uns: Ein wachsamer Geist bemerkt, dass Sylvias Visum für Äquatorialguinea falsch ausgestellt wurde, nämlich für 2014, das ist sogar Geris Genauigkeit entgangen!
Wir verfallen! Was tun? Er schickt uns zum Station Manager, bedeutet, die langen Irrgänge zurückwieseln und fragen, fragen, fragen, bis wir ihn endlich gefunden haben. Er lässt sich breit schlagen, zu telefonieren. Die Zeit läuft uns davon, der Anschlussflug wird bald starten. Sein vernichtendes Urteil: So werden wir nicht einreisen können, aber wir sollen es probieren, schlimmstenfalls müssen wir wieder zurück fliegen. Wir hetzen erneut die Gänge durch, Erklärungen, neuerliche Telefonate, schließlich lässt man uns in die Maschine einsteigen.
Wir heben ab und gleich darauf setzen wir auch schon wieder zur Landung an, der Flug ist kürzer als die ganze vorangegangene Prozedur. Wir betreten also nun das bislang für Touristen kaum zugängliche ÄQUATORIALGUINEA.
Banges Erwarten! Zuerst passieren wir unzählige Gesundheitskontrollen, man ist mächtig nervös in Bezug auf die Ebola-Seuche in einigen nahen Ländern, dann steigen wir Treppen aufwärts, am oberen Rand stehen ein Dutzend Beamte, einige mit Anzug, dunkler Sonnenbrille und Funkgeräten, wie die Geheimdienstler im Film.
Der Fehler wird natürlich sofort bemerkt, unsere Pässe rangmäßig weitergereicht, wir versuchen so gelassen wie möglich zu erklären, dass ja schließlich als Grund für unsere Einreise der Afrika-Cup vermerkt ist. Das rettet uns den Hals, auch bei der nächsten Kontrolle, dann haben wir es geschafft, das Gepäck rollt vom Förderband und wir verlassen das moderne Flughafengebäude, mit den Nerven sind wir allerdings ziemlich am Ende.
Angenehmerweise gibt es hier keine aufdringlichen Schlepper, zu wenig kennt man in diesem Land den Tourismus, ein weiß-rot gestreiftes Taxi ist schnell gefunden und der Fahrer verlangt auch den ortsüblichen Preis. Schon bei dieser Fahrt wird klar, in welch erbärmlichen Zustand sich hierzu Lande alles befindet: Wellblechzäune, dahinter breiten sich grauenhafte Slums aus, dabei sind Erdöl und Erdgas in Hülle und Fülle vorhanden.
Wir sind heilfroh, als wir in eine breite Straße abbiegen, da finden sich ausschließlich moderne Regierungsgebäude und Hotels, beim Ibis werden wir abgesetzt. Das Zimmer ist aber vorbildlich nach westlichem Standard, sauber und geräumig, wir lassen uns erschöpft in diese Oase fallen.
Bei der Rezeption fragen wir mehrmals nach Fußball Tickets nach, erhalten aber nur desinteressiertes Kopfschütteln, es gibt keine mehr. Verdammt!
Mit einem Taxi lassen wir uns ins Zentrum zum Supermarkt bringen. Die triste Gegend wirkt wie ausgestorben, und wir müssen gleich darauf feststellen, dass das Geschäft geschlossen ist, wegen der Spiele. Heute klappt ja gar nichts!
Schließlich landen wir in einem Chinesischen Restaurant, danach wollen wir noch zum Stadion, vielleicht treiben wir da Karten auf, aber der Taxifahrer weigert sich hinzufahren, dort stehen jetzt zu viele Polizisten, die alle abkassieren.
Am nächsten Morgen tauchen dann auf einmal doch Karten zu völlig überteuerten Schwarzmarktpreisen auf, wir stellen keine Fragen. Überglücklich halten wir die kostbaren Dinger in den Händen, hören nebenbei, dass die nächsten Anwärter noch mehr Geld dafür aufbringen müssen.
Natürlich wollen wir in diesem Land auch auf den höchsten Berg! Um sich außerhalb der Stadt aufhalten zu dürfen, ist aber eine amtliche Genehmigung erforderlich, die wollen wir einholen und begeben uns auf Anraten der Hotelangestellten ins Zentrum zum Centro Cultural, aber dort hat man keine Ahnung, wovon wir reden, wir sollen es bei der Polizeistation nebenan versuchen. Polizei ist sowieso allgegenwärtig, an jeder Ecke befinden sich schwer bewaffnete Militärs, gepanzerte Wagen rasen mit Blau- und Rotlicht ständig durch die Straßen.
Wir treten in einen dunklen Moloch ein, werden auch da nicht fündig, aber der Beamte schreibt uns wenigstens auf, wo wir uns hinwenden können, nämlich ins Hauptquartier.
Da wir schon im Zentrum sind, besuchen wir vorher gleich die einzige Sehenswürdigkeit, die auf einem Platz mit Springbrunnen gelegene Catedral Santa Teresa, auch innen recht hübsch. Jetzt soll uns ein Taxi zur nächsten Amtsstelle bringen. Wir sind fast angekommen, da bleibt die Karre mit zwei Platten am Rande der Schnellstraße hängen, wir stapfen also zu Fuß bis zum Ziel, ein moderner grauer Bau, wie übrigens alle Amtsgebäude hier. Eine Beamtin geleitet uns höchstpersönlich zur Anlaufstelle, wir werden freundlich empfangen, aber zum Departemente de Cultura y Turismo verwiesen, mit der Genehmigung sollen wir dann wieder zurückkehren.
Das nächste Taxi setzt uns vor einer Art Gemeindebau ab, da irren wir eine Weile zwischen den Blocks herum, bis wir den unscheinbaren Eingang gefunden haben. Man glaubt es nicht, das kesse Mädel in dem winzigen Büro ist tatsächlich zuständig und stellt den Wisch aus! 60€ kostet er, und wir sollen in zwei Stunden wiederkommen, dann ist der Schrieb fertig, zur Polizei müssen wir gar nicht mehr. Außerdem würde uns ihr Bruder mit dem Auto auf den Berg führen. Wir fühlen uns wie nach einem Lottogewinn!
Am späten Nachmittag ist es dann soweit, wir begeben uns zum Stadion!
Ein unaufhörlicher Strom an Fans bewegt sich bereits zu den Eingängen, alle paar Meter wird von Polizisten kontrolliert, die Abtastung fällt bei uns zaghaft aus. Endlich sind wir im Stadion, dort herrscht schon Megastimmung! In einem Sektor haben die vornehmlich grünen Kameruner Platz genommen und bieten mit Hupen und anderen Instrumenten ein lautes Konzert, schwenken Fahnen in allen Größen und lassen sich begeistert mit uns fotografieren, überhaupt, wo wir mit neutralen Schals vom Hotel behangen sind.
Im nächsten Abschnitt wiegen sich orange gekleidete Mädels zu Trommel- und Rasselrhythmen und liefern beachtliche Schlachtgesänge für die Elfenbeinküste.
An den künstlerisch gestalteten Kopfbedeckungen und Gesichtsmalereien können wir uns gar nicht satt sehen und lassen uns durch die Menge treiben. Aber fast eben solchen Spaß haben die Fans hier, man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass eigentlich das Happening im Mittelpunkt steht, weniger der Fußball. Zwar wird bei guten Spielaktionen Beifall gezollt, ansonsten aber steht das Klangkonzert im Vordergrund.
Die Plätze sind mehr als ausverkauft, bei den Stufenaufgängen ist zwischen den Sitzreihen bald ebenfalls jeder Platz am Boden belegt, kurz stellt sich die bange Frage, was wohl passiert, wenn man schnell weg müsste, ein Durchkommen ist da kaum mehr möglich! Trotzdem haben wir den Eindruck, dass alles sehr zivilisiert abläuft, alle sind freundlich, keiner stänkert, obwohl Fans beider Teams gemischt in den Reihen sitzen.
Das Match ist nicht gerade von Enthusiasmus geprägt, in der ersten Halbzeit schießt die Mannschaft der Elfenbeinküste ein Tor, dabei bleibt es. Wir schließen uns den ersten an, die knapp vor Ende schon zum Ausgang eilen, so entgehen wir dem Massenstrom, alles verläuft in geordnetem Abgang.
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