Reiseberichte


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KURS AUF DIE SÜDSEE

Eine Nacht in AUSTRALIEN, in der netten Stadt Brisbane, verschlingt aus unserem Budget etwa genauso viel wie eine Woche Lebensunterhalt in Indonesien. Darüber kann auch nicht der in zehnminütigem Takt quellende Platzregen trösten. Andererseits ist hier aber alles steril sauber, muss es ja wohl sein, denn wir treffen später einen jungen Mann, der am Flughafen seine Schuhsohlen 30 Minuten mit chemischen Mitteln blank putzen musste, um einreisen zu dürfen. Auch glatte, geordnete Straßenverhältnisse herrschen vor, kein Zickzackkurs über lausige Löcher, oder weil Hühnermama beim Ausgang mit den Kleinen quert, oder Hundebaby mitten im warmen Staub döst! Nichtsdestotrotz, die Bootsfahrt am Brisbane River in das Gemisch aus Wolkenkratzern, niedlichen Häuschen und neoantiken Backsteinbauten ist idyllisch.

Es lässt sich nicht leugnen, dass die SALOMON INSELN eine unzugängliche Inselgruppe sind. Andererseits gibt es noch schlimmere Stellen auf der Welt! Aber dem Neuling, der keinerlei angeborenes Verständnis für Menschen und das Leben im Urzustand hat, mögen die Salomoninseln in der Tat furchtbar erscheinen. Es ist ferner wahr, dass die Eingeborenen eine wilde Horde mit herzhaftem Appetit auf Menschenfleisch und einer Liebhaberei für das Sammeln von Menschenköpfen sind. Köpfe gelten als Tauschmittel, und besonders wertvoll sind weiße Köpfe...

Erstaunlicherweise merken wir von all dem nichts, was Jack London vor etwa 100 Jahren geschrieben hat. Zwar könnte man sich ja fürchten, wenn einem die dunkel gekräuselten Melanesier mit ihren von Betelnüssen rot gefärbten Zähnen entgegen lächeln und mit dem roten Saft in rekordverdächtigen Spuckbögen Ornamente auf die Strasse zaubern, aber dann winken sie uns freudig zu, wenn wir durch die mit Gemüse, Obst und bunten Fischen angefüllten engen Reihen der Markthalle balancieren oder entlang der einzigen Hauptstrasse der Hauptstadt Honiara auf Guadalcanal entlang schlendern. Angesichts der Hitze versteht man, weshalb die kleinen Gemischtwarenhandlungen fensterlos höhlenartig in den Gebäuden verborgen sind und, bedingt durch die vielen Stromausfälle, undefinierbarer Geruch aus ihnen dringt.

Die Solomonen waren bis in die 90er Jahre ein glückliches Südseevölkchen gewesen. Die Natur versorgte sie mit allem, nur eines fehlte zur Vollkommenheit. Vor einigen Jahren stellte man entsetzt fest, dass es hier keine Ampel wie in anderen Ländern gibt, also wurde flugs eine installiert, wohlgemerkt nicht an einer Kreuzung oder Querung, sondern mitten auf der geradlinig verlaufenden Hauptstrasse. Und gleich wurde per Gesetz erlassen und in Radio und Zeitung angekündigt, dass bei Rot alles zu stehen hat, was zur Folge hatte, dass nicht nur sämtliche Fahrzeuge zum Stillstand kamen, sondern sich auch Menschen auf Gehsteigen und am Markt nicht mehr zu bewegen wagten. Nach einiger Zeit wurde dieser Unsinn wieder abmontiert.

Sonderbar muten die eierspeisgelben Haarkrausen der Malaiten an, die noch vor geraumer Zeit in erbitterten Straßenschlachten um ihre Rechte kämpften.
Ähnlich unserer Freunderlwirtschaft funktioniert hier das Wantok-System. Wer dieselbe Sprache eines Clans spricht, dem werden alle familiären Annehmlichkeiten zuteil, was manche Hotels dazu veranlasst hat, die Besucherzahlen in den Zimmern auf bestimmte Zeiten zu limitieren.

Wir überfliegen die unzähligen Inselchen und die von hellblauen und grünlichen Wasserstreifen durchzogenen, von Atollen umkränzten, traumhaft anmutenden Lagunen. Auf der Insel Ghizo werden wir mit sonntäglichem Gesang empfangen, fast aus jedem Haus ertönt ein mehrstimmiger Chor. Auf der gemütlichen Dorfstrasse wandeln unter viel Gelächter und Geplauder festlich angezogene Frauen mit bunten Seidenschirmchen.

Der zweite Weltkrieg hat fast in der gesamten Südsee schaurige Spuren hinterlassen. Wir tauchen zur Toa Maru, einem der so zahlreichen auf Grund liegenden Wracks auf 37 Meter Tiefe hinab und staunen, wie die Natur in Form von wuchernd überziehenden Korallen nun Besitz von dem 140m langen Koloss ergriffen hat.
Nahezu 35 Grad brütender Hitze nehmen wir in Kauf, um bei einer ausgedehnten Wanderung durchs Landesinnere die beschauliche Gangart der in mit Palmwedeln errichteten, auf Stelzen befindlichen Hütten mit üppigen Blumengärtchen umgebenen, ohne Stromversorgung lebenden Insulaner kennen zu lernen. So mancher Plausch am weißsandigen Strand, im Schatten des Palmenwäldchens wird uns in unvergänglicher Erinnerung bleiben.
Als wir mit unseren Rucksäcken Richtung Fähre, die uns zum Airstrip bringt, ziehen, winken uns die Marktfrauen fröhlich nach. Täglich haben wir hier eingekauft und leckere Rezepte ausgetauscht.

Wer kennt die Namen, nennt die Zahl - wie ein schillernder Inselteppich breitet sich die Marovo Lagune unter uns aus, als Weltkulturerbe vorgeschlagen, wenn die Abholzung aufhören würde. Einer, der sich vom schnellen Geld nicht verlocken ließ, ist Wayne, der mit seiner Familie auf Charapoana Island lebt und eine entzückende Eco-Lodge errichtet hat. Für einige Tage eine Insel fast ganz für uns allein!

Umschmeichelt vom warmen glasklar blaugrünen Lagunenwasser genießen wir schwerelos schwebend die Stille und Schönheit um uns, an die Oberfläche springende Fischschwärme, blitzblaue Seesterne, zwischen pastellfarbenen und purpurnen Korallenpalästen riesige, majestätisch fliegende Mantas, Adler der Tiefe! Lockendes Gurren und Zwitschern von der korallen- und muschelsandigen, mit Mangroven, Palmen und Schatten spendenden Bäumen bewachsenen Insel. In der aus Palmblättern geschmackvoll eingerichteten Hütte werden wir von Tanja mit auf Blättern und süßlich duftenden, orangefarbenen und lila Blüten angerichteten frisch gefangenen Fischen und Krabben, vielfältigstem Gemüse und Obst, Kassawa-Pudding und Kokoscremekrapfen verwöhnt.

Wayne führt uns mit seinem Boot zu kleinen Siedlungen auf anderen Inseln und zeigt uns einige Tabu-Plätze. Tabu bedeutet den Inbegriff des zu Meidenden, verbunden mit religiöser und gesetzlicher Macht. Mit Tabu belegte Personen, Handlungen, Gegenstände oder Worte sind abgesondert, geheiligt oder verboten, entweder für alle oder für bestimmte Personen. Unter anderem dürfen wir einen Blick in eine mit Totenköpfen, Knochen und Grabbeigaben, wie das traditionelle Muschelgeld, gefüllte Grabstätte werfen, in der sich auch sein Vater befindet.

Zu wahren Begeisterungsstürmen reißt uns die entzückende, lautmalende Sprache der Insulaner hin: Tok Tok blong Salomon, einst entstanden als verzweifelter Akt der von vielen Inseln verschleppten und zu Zwangsarbeit versklavten Ureinwohner sich miteinander zu verständigen. Geri ist ganz versessen, sich diese Form von Pidgin English anzueignen und schon bald läuft die Konversation munter dahin. Kurios dabei sind so manche Wortkreationen wie: blakfelaboksislongblakfelawaitfelatitsaposiukilimemikraiemaut: ganz einfach: Klavier, wörtlich: schwarze Kiste mit schwarzen und weißen Zähnen, wenn du sie schlägst, schreit sie

An einem Schaufenster: lukaut! sapos iu stilim long stoa mifela kolim polis nomata hamas yia iu kat (Aufgepasst, wenn du stiehlst, rufen wir die Polizei, egal wie viele Jahre du bekommst)
An der Tür eines vornehmen Anwesens: lukaut! dok save kaikai olman! (Aufgepasst, Hund frisst alle Menschen)
Prince Charles ist natürlich der nambawan pikinini blong misis kwin! (pikinini heißt Kind)



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