Bergabenteuer
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Durch das wilde Kurdistan
Orumiyeh,, 03.11.2005
"Durch das wilde Kurdistan", so hieß eines der Bücher von Karl May. Vor Ewigkeiten habe ich es gelesen, den Inhalt habe ich vergessen. Jetzt habe ich es aber erlebt, dieses Kurdistan, und als Radfahrer spürt man die Wildheit des Landes hautnah.Es waren sicher die härtesten Tage meiner bisherigen Tour, aber jede Stunde war es wert gewesen, hierher zu kommen.
Begonnen hat meine Zeit im türkischen Kurdistan ja noch recht komfortabel. In Cizre habe ich eine Viertel-Milliarde türkische Lira aus dem Bankomaten gezogen (ca. 160 Euro) und habe sodann mit den Millionen um mich geworfen. Dann hinter Sirnak war es aus. Auf fast 300 km keine nennenswerte Siedlung, kein Hotel, kein Restaurant! Winzige Dörfer, einfache Häuser und Gehöfte! Selten findet man einen Laden, wo man Kekse, Saft und Wasser kaufen kann. Mit dem Bus kann man diesen hintersten Winkel Kurdistans in 8 Stunden durchfahren, man wird die Kargheit kaum spüren. Für mich waren es drei Tage und da lässt sich dieses Land in all seiner Wildheit und mit seinen liebenswerten Bewohnern so richtig erfühlen. Die Dörfer liegen in einer rauen Berglandschaft, getrennt durch hohe Pässe. Da geht es 500, ja manchmal 1000 Höhenmeter steil bergan, stundenlanges Schieben des voll beladenen Rades, auf der anderen Seite dann im Höllentempo hinunter ins nächste Dorf.
Doch da waren diese regelmäßigen Stops, so etwa alle 20 km. Straßensperre, Militär, Ausweiskontrolle! Alle wurden hier angehalten und kontrolliert. Nein, sie sind nicht unfreundlich, die Soldaten, aber aus kleinen Schießscharten sind Gewehrläufe auf mich und auf jedermann gerichtet – keine wirkliche Wohlfühlsituation. Für mich sind diese Kontrollen ein bisschen lästig, nicht mehr. Jedesmal verliere ich eine Viertelstunde, das ist keine Tragödie. Aber wie müssen sich die Kurden fühlen – dauerhaft kontrolliert in ihrem eigenen Land?
Man hat mich gewarnt, durch dieses südöstliche Eck der Türkei zu radeln. Die meisten Menschen scheinen diese Warnungen zu beherzigen. Ich habe in all den Tagen in der Türkei keinen einzigen Fremden gesehen. Hier soll es nur so wimmeln von Terroristen der PKK (türkische Arbeiterpartei) und eine Entführung ist wahrscheinlich, besonders mit einem derart langsamen Fortbewegungsmittel wie dem Fahrrad.
Ich bin in diesen kleinen Dörfern, die man auf keiner Karte findet, hautnah in Berührung gekommen mit Aktivisten und Sympathisanten der PKK. Was musste ich erdulden? Sie haben mich dort, wo es keine Hotels gab, in ihre Häuser aufgenommen und großzügig bewirtet. Wenn ich dann etwas dafür zahlen wollte, haben sie das strikt abgelehnt. Selten habe ich so gastfreundliche Menschen kennen gelernt.
Zwei Dinge haben mich in Kurdistan überrascht: die Dominanz und Allgegenwart des türkischen Militärs und die Tatsache, dass offenbar die gesamte kurdische Bevölkerung in diesen Dörfern hinter der PKK steht. Das eine scheint das andere zu bedingen.
In einigen Jahren könnten diese Kurden EU- Bürger sein. Spätestens dann, so hoffe ich, können sie ihre Freunde im Nachbardorf besuchen, ohne in Gewehrläufe blicken zu müssen.
Dienstag abends habe ich dann Yüksekova, eine richtige Stadt mit Hotels, erreicht. Zu essen gab es komischerweise kaum etwas, aber dafür habe ich Schalke gegen Fenerbahce live im TV erlebt.
Gestern ging es nochmals über mehr als 2000m hohe Pässe hinüber in den Iran. Abends habe ich dann Orumiyeh erreicht, eine Riesenstadt mit einer halben Million Einwohner. Heute muss mal ein Ruhetag sein. Die Stadt bietet zwar keine touristischen Highlights, ist aber nicht schlecht zum Ausspannen. Auch hier erlebe ich bisher nur offene und hilfsbereite Menschen.
Tagesetappen:
30.10. Sirnak – Kurdisches Dorf/Nachtlager: 88,4 km
31.10. Bis zum nächsten Dorf/Nachtlager: 72,8 km
1.11. Kurdisches Dorf – Yüksekova: 102,8 km
2.11. Yüksekova - Grenze zum Iran (km 43) – Orumiyeh: 98,6 km
3.11. Ruhetag in Orumiyeh
Blutzuckerwerte Tagesschnitt:
Durchschittlich 5,0 Messungen pro Tag:
30.10. 137 mg/dl
31.10. 123 mg/dl
1.11. 145 mg/dl
2.11. 88 mg/dl
3.11. 73 mg/dl
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