Bergabenteuer


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Zum ersten Mal am Berg

Everest-Basislager, 27.04.2006

Am 18. April wollten wir das Basislager verlassen und vier Nächte in höheren Lagen verbringen. Es kam alles anders als geplant. Der Berg hat hier das Sagen, nicht der Mensch.

Heftige Schneefälle, wie man sie hier seit 1990 nicht mehr erlebt hat, verwandeln das Basislager in eine Tiefschneelandschaft, die mühsam angelegte Route durch den Eisfall ist nicht mehr auffindbar. Einige wenige Kletterer sitzen im Lager I über dem Eisfall fest, die meisten befinden sich aber im Basislager. So sieht man hier auch überraschend alte Bekannte. Ich treffe auf meinen alten Kumpel Walter Laserer, Leiter der Bergschule Laserer-Alpin, der mir das Skitourengehen beigebracht hat. Als Bergführer hat er eine Menge mit den jugendlichen Diabetikern aus Graz und Umgebung unternommen, nun führt er zwei Ärzte auf den höchsten Berg der Welt.

Ich lerne hier auch Will Cross aus den USA kennen, jenen Diabetiker, der nun zum dritten Mal den Everest versucht. Im Vorjahr war er nur knapp gescheitert. Wäre das nicht schön? Zwei Diabetiker am Everest - ein Ziel, an dem wir beide ganz sicher arbeiten werden.

Man erfährt auch einiges über die Kletter-Gemeinschaft. Es gibt zum Teil so viele böse Gerüchte über die Everest-Kletterer. Von über 1000 Kletterern war die Rede. Tatsächlich sind hier etwa 100 Nicht-Sherpa, 11 Permits mit maximal je 12 Personen und ca. 80 climbing sherpa, diese brauchen kein Permit. Es wird von allen Expeditionen entgegen alten Berichten extrem auf Sauberkeit am Berg und im Basislager geachtet. Die Zeltstadt wirkt nur deshalb so riesig, da jeder sein eigenes kleines Zelt hat.

Am 20. 4. wurde die Route von den Eisfall-Doktoren wieder "ausgegraben", in den Morgenstunden des 21.April um 4.30 Uhr brach unser Team bei beißender Kälte und Dunkelheit in den Eisfall auf. Wir waren nicht allein in diesem Gewirr aus Eistürmen, Gletscherspalten und Leitern. Etliche Teams nützen die Chance des sich bessernden Wetters. Und natürlich sind viele Sherpa, bedeutend schneller als wir Westler, mit Lasten im Eisfall unterwegs. Wir machen nach vier Stunden Aufstieg gerade Rast und genießen, dass die Sonne in den Eisfall hereinfällt, da breitet sich das Gerücht aus, dass im oberen Teil des Eisfalls einige Eistürme eingestürzt sind und Sherpa begraben haben. Unsere beiden Guides Dave und Lhakpa steigen schnell zur besagten Stelle auf. Auch wir hetzen, so gut wir können, hinterher, um vielleicht irgendwie zu helfen. Leider können wir nur noch feststellen, dass drei Sherpa rettungslos unter Tonnen von Eistrümmern begraben wurden. Zudem gibt es vier Verletzte, auch Thapke aus unserem Team. Sie sind aber allesamt glimpflich davongekommen. Unser Sirdar Lhakpa sichert die Route, damit nicht noch größeres Unglück passiert. Schweigend klettern Menschen nach oben oder unten. Nach 12 Stunden erreichen wir unser Tagesziel, Lager 1 in 6000 m Höhe, doch Freude wird so bald keine aufkommen. Das herrliche Wetter scheint die Grausamkeit des Berges verbergen zu wollen. Es war ein Unfall, wie er seit vielen Jahren, seit der Arbeit der Eisfall-Doktoren, nicht mehr vorgekommen ist, ein Unfall, bei dem niemand etwas falsch gemacht hat. Möge uns allen in Zukunft der Berg gnädig sein.

Lager 1 - einige Zelte, die unsere Sherpa Stunden vor unserer Ankunft aufgestellt haben, befindet sich in knapp 6000m Höhe oberhalb des Eisfalls. Hier beginnt das "höchste Tal der Welt", der Western Cwn, umrahmt von steilen Fels- und Eiswänden, halblinks der Everest, vorne der Lhotse, mit 8516m der viert höchste Berg der Welt, rechts der Nuptse, ca. 7900m hoch.

Nach einem aktiven Ruhetag in der Umgebung von Lager 1 steigen wir am 23. April in 6 Stunden zu Lager 2 am Ende des Western Cwm in 6500m Höhe auf. Bedrohlich erhebt sich dahinter die 2000m hohe Lhotse-Wand. In ihrer Mitte wird Lager 3 entstehen, darüber auf dem Südsattel soll Lager 4 auf 7960m entstehen. Hier in lager 2 haben wir, wie auch die anderen Teams, sogar ein Mannschaftszelt und eine Küchenmannschaft - eine Art Advanced Basecamp. Wir bleiben zwei Nächte auf dieser Höhe, was für mich auf Grund der Magen-Darm-Probleme nicht ohne ist.

Am 25. April steigen wir in knapp sieben Stunden vom Lager 2 ins Basislager ab. Nun gibt es einige Tage der Ruhe im BC, ehe wir bei unserem zweiten Akklimatisations-Gang am Berg Lager 3 in der Lhotse-Wand auf 7350m erreichen wollen. Aufbruch ist vielleicht am 30. April, aber wer wagt Prognosen an diesem Berg?

Die Blutzucker-Tages-Mittelwerte bleiben konstant bei 130-140 mg/dl.

Im Gedenken an Dawa Temba Sherpa, Lhakpa Tsheri Sherpa und Phinzo Sherpa und ihre Familien







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