Reiseberichte
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ZWISCHEN ZWIEBELTÜRMEN UND TRINKRITUALEN
Am Bahnhof von IRKUTSK ziehen wir die ersten Rubel aus dem Automaten und gelangen mit dem kleinen Stadtbus zum Quartier. Augenblicklich ziehen uns die aus dem 19. Jh. stammenden prächtig bemalten, niedrigen Holzhäuser in ihren Bann. Freilich sind die meisten ziemlich renovierungsbedürftig, trotzdem beeindrucken die mit Schnitzereien verzierten Fensterläden. Die vielfältigen Motive der reichlichen Ornamente an den Holzbalken sind heidnischen Ursprungs und galten als magische Zeichen, die das Böse vom Haus fernhalten sollten.
Scheinbar gibt es in diesen, von verwilderten Gärten umschlossenen Behausungen noch kein Wasser, denn man sieht immer wieder Leute mit Kübeln zu den öffentlichen Wasserpumpen eilen.
Die riesigen Wohnhausanlagen sind weniger reizvoll und in solch einer irren wir fast zwei Stunden herum, denn Adressen sind kaum angeschrieben. Schließlich stehen wir vor einer kleinen Baracke mitten im Hof, und es wird uns versichert, dass dies unser gewünschtes Ziel ist! Wir klettern die brüchigen Holzstufen hinauf und tatsächlich entpuppt sich der Bau als Reisebüro, in dem unsere weiteren Zugfahrkarten hinterlegt sind!
Doch die Stadt hat sonst auch noch viel zu bieten: Prächtige Kirchen mit einzigartigen Fresken und Wandmalereien, gelungene Mischungen von Elementen des europäischen Barock mit altrussischen Motiven, zauberhafte Keramik-Kacheln mit Sujets der vergessenen heidnischen Sagenwelt. Schon von weitem sind die rötlichen Plastiken auf der weißen Fassade und die beiden Zwiebeltürme der Kreuzkirche zu erkennen, das bedeutendste russisch-orthodoxe Gotteshaus der Stadt, das die Sowjetzeit überdauert hat.
Vom Zarendenkmal lassen wir uns entlang der Karl-Marx-Straße, vorbei an verschiedenartigen Museen, Patrizierhäusern und dem Drama-Theater, treiben, biegen öfters in stille Gässchen ab und gelangen schließlich zur modernen Fußgängerzone, in der unzählige Hochzeitspärchen mit ihren Gästen die Sektkorken knallen lassen.
Zu einem besonderen Erlebnis wird die Fahrt mit der Tourismus-Bahn auf der alten Transsib-Strecke entlang des Baikalsees. Die Perle Sibiriens, 636 km lang und 27-80 km breit, hält mit 1637m Tiefe den Weltrekord und ist das größte Süßwasserreservoir und auch einzig offene Trinkwassergebiet der Erde. Das Wasser wird aus 440m Tiefe gepumpt und nur durch rein mechanische Filter gereinigt. Anfang Jänner gefriert der See und kann mit dem Auto befahren werden.
Mit uns beim Tisch nehmen ein russischer Physik-Professor mit seinem Sohn und eine Biologin Platz und der Start um 8 Uhr früh beginnt gleich recht lustig, als nämlich unser Reisenachbar die erste Flasche Wein entkorkt! Ob wir mittrinken wollen, wird erst gar nicht gefragt, denn nachdem wir ins Trink-Ritual eingeweiht wurden, wird auch gleich wieder nachgeschenkt. Dann biegt sich bald der Tisch ob der mitgebrachten Köstlichkeiten in Form von Salaten, mit Fischpastete gefüllte Eier, Huhn, Schinken, Käse, Nüsse, Knabbereien und Süßigkeiten. Selbstverständlich müssen wir ordentlich zulangen, und in kürzester Zeit hat die vierte Flasche ihren Abgang gemacht. Geris Zunge übt sich jetzt auch gleich viel leichter in russischer Sprache!
Langsam gleitet die Bahn dahin, immer wieder gibt es Aufenthalte an malerischen Aussichtspunkten. Eine besondere Attraktion stellen die Überreste der alten Ufermauer, steinerne Bogenviadukte und spektakuläre Eisenbahnbrücken dar.
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