Reiseberichte
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HEIRATSANTRAG AUF 5671 METER HÖHE
Nach der Besichtigung des prunkvollen Ishak Pasha Serails und einer obligaten Führung durch eine Teppich-Werkstatt brausen wir auf schnellstem Weg in das angeblich heiße Pflaster des IRAN.
Der Grenzübertritt vollzieht sich rasch und problemlos, heiß wird es nun vor allem für Sylvia, denn ab sofort sind langärmelige Kleidung und Kopftuch verlangt. Willkommene Abkühlung bringt da die Fahrt auf der Ladefläche eines Pritschenwagens, vorbei an herrlichen Sonnenblumenfeldern, ins nächste Dorf, wo wir in einen Minibus nach Tabriz umsteigen.
Vor dem Hotel Sina werden wir abgesetzt, nicht irgendein Hotel, denn hier hat Geri einst während seiner Radtour zum Everest genächtigt, ein nostalgischer Augenblick also! Tatsächlich findet er auch das alte Restaurant wieder, aber es darf erst ab 9 Uhr abends gegessen werde, da vor einigen Tagen der Fastenmonat Ramadan begonnen hat.
Auf dem Weg zum Bazar, dem größten und stimmungsvollsten im Iran, beobachten wir das lebhafte Treiben auf den Straßen. Viele Frauen sind in traditionellem Schwarz gekleidet, andere wieder bunt und freizügig, mit eng anliegenden Hosen, das Kopftuch oft nur als Accessoire lässig über die aufgesteckten Haare geworfen.
Wir entdecken eine Auslage mit Bier- und Sektflaschen dekoriert. Hier herrscht doch strengstes Alkoholverbot? Bei näherem Hinsehen aber ist klar, alles ohne Alkohol, und in weiterer Folge können wir dem erfrischenden Bier mit Zitronengeschmack auch einiges abgewinnen.
Dicht gedrängt strömen die Menschen durch die zahllosen verwinkelten Gänge und Gewölbe des Bazars, viele winken und lächeln uns freudig zu, wollen gerne mit uns ins Gespräch kommen, aber das Englisch ist bruchstückhaft, und bei Geri kommt Farsi ebenfalls nur stockend heraus. Da stoßen wir, wer glaubt’s denn, zufällig auf unseren Fahrer, der uns nicht nur zu einer Wechselstube führt, sondern uns auch den Teppichbazar mit seinen reizvollen Innenhöfen und überkuppelten Gängen zeigt. Eine wahre Pracht des Knüpfhandwerks breitet sich vor unseren Augen aus, in winzigen Geschäftchen wird überdies mit Wolle und Zubehör gehandelt.
Nach Besichtigung der aus früher islamischer Zeit stammenden Freitagsmoschee im Zentrum und der berühmten Blauen Moschee vermittelt uns unser Begleiter seinen Bruder für eine Fahrt nach Kandovan. Hier haben die Bewohner ihre Behausungen in den weichen Tuffstein gegraben. Die teils kegelförmig ausgewaschenen Felsen beherbergen auch die Stallungen für das Vieh. Um allen Einwohnern Platz zu bieten, frisst sich das Dorf die Felswand hinauf, die Wohnhöhlen sind terrassenförmig übereinander errichtet.
Wir klettern kreuz und quer die steilen Wege und Stufen auf und ab, turnen über wackelige Holzleitern und werden sogar in eine der Höhlenbehausungen eingeladen.
Abwechslungsreiche Bilder ziehen während der Busfahrt in die Hauptstadt an uns vorüber: Die wellige Landschaft scheint mit gelbbraunen und warmroten Pinselstrichen überzogen zu sein, kleine Häuschen wechseln mit einfachen, von Mauern umgrenzten Lehmdörfern, deren Dächer im Sonnenlicht silbrig glänzen. Nur die Tankstellen zeichnen sich als moderne Gebäudekomplexe aus, angeschlossen sind meist Moscheen mit goldglänzenden Kuppeln.
Am späten Nachmittag haben wir die Verkehrshölle Teheran erreicht. Mit einem Taxi wollen wir zum Hotel fahren, werden aber stutzig, als der Fahrer zum wiederholten Mal nach der Adresse fragt, mit einem Wort, er hat keine Ahnung! Da auch die Auskünfte, die er sich von Passanten und Fahrern vorbei schlängelnder Autos einholt, scheinbar nicht ausreichen, bleibt er schließlich mitten auf der Straße, im dichtesten Verkehr, einfach stehen, stellt den Motor ab und verschwindet einige Zeit für weitere Informationen. Das Getriebe um uns herum entwickelt sich gewaltig und beängstigend! Zu beiden Seiten der mehrspurigen Hauptstraße sausen unter wildem Hupen verschiedenste Gefährte vorbei, an der Kreuzung vorne wird’s noch schlimmer. Trotz Ampel quetschen sich die querenden Autos im Slalom unter engster Tuchfühlung durch, und dazwischen schieben sich auch noch seelenruhig die Fußgänger auf die andere Straßenseite, ein Albtraum!
Irgendwie gelangen wir dann doch zu unserem Hotel. Abends haben wir die erste Mutprobe zu bestehen, denn um zum einzigen Restaurant in der Nähe zu gelangen, müssen wir die Straße queren. Auf dem Gehsteig wähnen wir uns zunächst auf der sicheren Seite. Welch Irrtum, denn da preschen die Motorräder von vorne und hinten an uns vorbei, man muss ständig wachsam bleiben, um nicht Opfer des mörderischen Spiels zu werden!
Unser Bleiben hier ist aber ohnehin nicht von langer Dauer, ein Blick in den Golestan-Palast und ein Streifzug durch den größten Bazar des Nahen und Mittleren Ostens, dann zieht es uns mit unwiderstehlicher Kraft in die Bergwelt, wir wollen den Damavand besteigen, den höchsten Berg des Iran.
In dem kleinen Dörfchen Reineh treiben wir Ahmad auf, der uns in seinem Haus ein Nachtlager bereitet und für uns kocht. Am Morgen bringt uns ein Geländewagen bis auf 3050m Höhe, nun beginnt der Aufstieg auf gemächlichem Weg durch liebliche Almen und Wiesen. Roter Mohn und blaue Disteln heben sich malerisch von den sonnenbeschienenen, strahlend weißen Berggipfeln ab.
Wir sind natürlich nicht allein unterwegs, treffen auf eine Iranerin, die wie wir in Hütteldorf wohnt, und unsere Kameraden vom Ararat, bereits im Abstieg.
In einem geräumigen Zelt verbringen wir die Nacht unterhalb der Schutzhütte auf 4150 m. Mit viel Überwindung schälen wir uns um fünf Uhr früh aus den wohligen Schlafsäcken, würgen Fladenbrot und Tee hinunter und brechen bei Dunkelheit mit unseren Stirnlampen auf. Vor uns hüpfen schon einige Lichtlein über den Kamm hinauf, und auch der Vollmond sendet seinen hellen Schein auf die gespenstischen Schatten werfenden Schollen.
Nur langsam gewöhnt sich der Körper an die ungewohnte morgendliche Strapaze, aber wir winden uns tapfer die steilen Kehren hoch und haben nach kurzer Kletterei ein Plateau erklommen, auf dem sich nun ein mächtig schroffer Hügel mit Felsen und Platten auftürmt.
Inzwischen hat sich der strahlend blaue Himmel mit grauen Wolkenfeldern verdüstert und besorgt blickt unser Guide nach oben. Endlich haben wir den Rand eines weiten Schneefeldes erreicht, die Spur verläuft jetzt zwar flacher, dafür schnaufen wir deutlich lauter. Vor uns erhebt sich der Gipfel in greifbarer Nähe – und trotzdem noch so unendlich weit!
Scharfer Schwefelgeruch dringt in unsere Nasen, aus Eis- und Schneelöchern blubbert es heraus. Das Spektakel erinnert daran, dass wir uns ja auf einem Vulkan befinden, dem höchsten Asiens. Keuchend folgen wir einer langgezogenen nach links führenden Spur und dann liegt auch schon das Felsrondeau vor uns, der höchste Punkt sieht wie eine kleine Festung aus.
Überglücklich fallen wir uns in die Arme und da reißt es doch tatsächlich noch einmal auf und blauer Himmel blitzt aus der Wolkendecke hervor. Sonnenstrahlen tänzeln hernieder und verwandeln diesen magischen Moment am 2.August in ein unvergessliches Erlebnis, denn was gibt es Wunderbareres als einen
Heiratsantrag auf 5671 Meter Höhe…!
Für Romantik bleibt allerdings nicht viel Zeit, denn der Wind pfeift uns eisig durchs Gewand. Halb rutschend jagen wir das Schneefeld hinunter, klettern über die Geröllplatten und stehen um 17 Uhr wieder vor dem Zelt.
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