Reiseberichte
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Dort empfängt uns bereits unser Fahrer mit drei weißen Khatas, die uns würdevoll um die Schultern gelegt werden.
Anakonda wird die in langen, engen und steilen Kehren auf- und abwärts führende Bergstraße durch atemberaubende Landschaft genannt. Wir erklimmen immer wieder bis zu 3700m hohe Pässe, Wasserfälle rauschen über steile Abhänge in tief eingeschnittene Täler, an den Hängen verstreut entzückende Häuschen im typischen Landesstil, ausschließlich mit Holz und Lehm erbaut, Fachwerk mit Bogenfenstern, reichlich mit Ornamenten und Schnitzereien verziert.
Ein Wald aus bunten Gebetsfahnen ist nicht nur vor jedem Haus zu finden, die Schnüre spannen sich über die dicht bewaldeten Hänge, Brücken, umrunden die zahlreichen Chörten mitten auf der Straße, heilige Monumente aus Stein – ein Muss sie links zu umfahren. Sie symbolisieren das Bewusstsein Buddhas und dienen der Erinnerung an einen herausragenden Lama oder sollen böse Geister von jenen Orten fernhalten, die als gefährlich gelten.
Nur mit einem Guide und mit einer Eintrittsgebühr von 160$ pro Tag werden Touristen in dieses Land of Happiness gelassen, in der Hochsaison sind es gar 200$. Wer bereit ist, diese gewaltigen Summen zu bezahlen, wird hier nichts vermissen, alles ist inkludiert: Guide, Transport, alle Mahlzeiten, erstklassige Hotels und auch alles, was für ein Trekking durch die Berge erforderlich ist.
Das Land wurde von einem fast als Heiligen verehrten König weise regiert, im Vorjahr ist sein nunmehr 29 jähriger Sohn gekrönt worden. Es gibt wohl kaum einen Bereich, der nicht zum Wohl der Leute und der Natur durchdacht wird. Gross National Happiness ist das Wort der Stunde und einziges Ziel scheint es zu sein, dieses Bruttosozialglück zu steigern.
Gespenstische Nebelfetzen ziehen auf unserer Fahrt vorbei, manchmal ist die Umgebung kaum mehr zu erkennen, es ist Monsunzeit. Trotzdem bleiben wir vom Regen weitgehend verschont, denn es schüttet vornehmlich in der Nacht. Ein unglaublicher Anblick, wenn die Sonne durchbricht und den Blick freigibt auf einen der unzähligen Dzongs, Klosterburgen mit Türmen und sich schichtweise nach oben verjüngenden teils vergoldeten Dächern. Meist weithin sichtbar wirken sie wie Festungen aus längst vergangenen Tagen. Doch sie sind auch heute noch weltliches und religiöses Verwaltungszentrum der jeweiligen Region. Finanz- und Meldeamt in uralten Räumen mit zeitgemäßer, Computer unterstützter Ausstattung - welch ein Bild!
Das touristische Interesse gilt vorwiegend dem religiösen Bereich des Dzongs, den Behausungen und Ausbildungsstätten der Mönche und natürlich dem Tempel selbst. Wir beobachten kleine rotgewandete Mönchsbuben beim Schreiben und Lesen und lauschen den eindrucksvollen Klängen der großen Trommeln und den bodenlangen Hörnern. Im Innersten des Heiligtums befinden sich riesige und kleinere vergoldete Statuen von Buddha, von Heiligen und verehrten Persönlichkeiten. Kunstvoll aus gefärbter Butter hergestellte Gebilde, Schalen mit heiligem Wasser, Blumen, Räucherstäbchen zieren eine Art Altar, und natürlich diverse Opfergaben, meist Geldscheine, aber auch Obst, Kekse, Chips, Cola, Alkohol.
Kephel, unser Guide, immer in landesüblicher Tracht mit einer Art kariertem Rock bekleidet, führt uns anhand der prächtigen Wandmalereien in den Buddhismus ein, untermauert all dies mit unzähligen Geschichten, die manchmal wie die Sagen des klassischen Altertums anmuten. Mit müden Sinnen kehren wir allabendlich in unsere nicht etwa einfache Bleibe, sondern genießen großartige Hotels, einzigartig gestaltet im bhutanischem Stil, wie alles hier, auch die Schulen, Krankenhäuser und selbst die Tankstellen. Köstliche Speisen werden uns aufgetischt: zarte Rinderstreifen und etliche Schüsseln mit rotem Reis, lecker zubereitetem Gemüse und natürlich Chili, Nationalspeise Bhutans.
Trotzdem sind wir glücklich, als uns unser Guide zu seinen Verwandten in ein kleines Bauernhaus einlädt: Unser Nachtlager besteht aus am Boden ausgebreiteten Matratzen, ein einfaches Mahl und selbst hergestellter Reis-Wein werden uns angeboten. Welch großartiges Gefühl in fröhlicher Runde mit den Einheimischen zu sitzen, obwohl wir uns sprachlich gar nicht verständigen können! Es genügen Gesten und ein Lächeln.
Nachdem wir auf der einzigen Straße Bhutans das Land von Osten nach Westen durchquert haben, erreichen wir die Hauptstadt Thimpu, ca. 100 000 Einwohner, wohl die einzige Metropole der Welt, in der es keine Verkehrsampel gibt. Der Polizist, der an Thimpus lebhaftester Kreuzung unter dem Dach eines kleinen Häuschens den Verkehr regelt, ist ein Künstler, seine gleitenden Handbewegungen in weißen Handschuhen wirken wie Figuren eines Tänzers.
Am Morgen genießen wir von dem auf einer Kuppe liegenden Changangkha Tempel einen herrlichen Blick über die Stadt. Dieser Ort, mit seinen im Wind flatternden Gebetsfahnen, strahlt etwas Besonderes, sehr Stimmungsvolles aus.
In einem nahen Gehege bewundern wir die hier ansässigen Takine, das Nationaltier Bhutans, eine eigenartige Mischung aus Ziege und Rind.
Ein besonderes Erlebnis stellen für uns ein Streifzug durch den Markt und vor allem der Besuch eines Wettkampfes dar. Das traditionelle Bogenschießen gehört zu jedem Fest und jedes noch so kleines Dorf hat einen eigenen Platz dafür. Dabei müssen die Schützen das 140m entfernte Ziel präzise treffen, der sportliche Aspekt steht nicht an erster Stelle Die Männer tragen auch für diesen Anlass ihre traditionellen Gewänder, die Ghos.
Unser Spaziergang führt uns außerdem bei der Nationalbibliothek, dem Krankenhaus für traditionelle Medizin, der Schule für traditionelle Kunst vorbei und zu einigen Handwerksläden, unter anderem sehen wir, wie handgeschöpftes Papier verarbeitet wird. Beim Postamt lassen wir eigene Marken mit unseren Porträts anfertigen und schicken damit Grußkarten nach Hause.
Dennoch werden wir hier nicht lange verweilen, denn nun soll uns eine zehntägige Wanderung tief hinein in die Berge des Himalaja führen.
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