Reiseberichte


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EINLADUNG INS LAND DER BLAUEN SCHLEIER

Mit klingenden Gläsern und Champagnergelage zu Sylvis Geburtstag, hoch oben in den Lüften, starten wir unsere nächste Reise zu dritt, unsere Freundin Doris ist mit dabei.
Zugegeben, die Idee unsere Abenteuer in Afghanistan beginnen zu lassen, klingt zunächst etwas wahnwitzig. Wenn man sich allerdings nicht den ständigen undifferenzierten Horrorberichten der hiesigen Presse hingibt, sondern kompetente aktuelle Internet-Recherchen aufspürt und sich wie wir in persönlichen Gesprächen mit UNO-Leuten und dem Botschafter in Dushanbe, Hauptstadt von TADSCHIKISTAN, informiert, gewinnt das Unterfangen durchaus realisierbare Formen. Vergnügt schlendern wir hier durch die mit breiten Boulevards, Springbrunnen und grünen Alleen angelegte charmante Stadt und erledigen auch die verlangte Registrierung.

Ein Taxi bringt uns tags darauf in den Süden zur afghanischen Grenze. Die Zöllner verkürzen uns mit Scherzen die Wartezeit bei der Ausreise und servieren uns Tee und Wassermelonen, dann bringt uns ein klappriger Lastwagen zur Fähre über den Grenzfluss Amu Darya. Ob wir Probleme hätten, fragt uns zum wiederholten Male der Zöllner dort. Wir versichern ihm, dass alles bestens wäre. Ein bisschen Geld will er, übersetzen uns iranische Reisebegleiter augenzwinkernd. Na, ein kleines Bakschisch lässt hier jeder springen, und da strahlt der Gute!

In Shir Khan Bandar am anderen Ufer ist die offizielle Einreise nach AFGHANISTAN, in ein Land, von dem wir keine Ahnung haben, was uns hier erwartet. Als Sylvi und Doris aussteigen, gibt es einen kleinen Auflauf. Ihr solltet jetzt vielleicht Kopftücher nehmen, raunt Geri. Wir haben ganz drauf vergessen, aber schnell sind die Haare notdürftig verhüllt. Ein alter Mann verbeugt sich tief und zeigt gerührt seine Ehrerbietung. Mit Handschlag werden wir vom Kommandanten der Zollwache in Afghanistan willkommen geheißen.
In weiterer Folge wird uns allerorts versichert, dass das Bedecken der Haare kein Muss ist, aber jeder freut sich ob des erwiesenen Respekts. Die meisten einheimischen Frauen tragen in der Öffentlichkeit die hellblaue, alles verhüllende Burka, zu Hause oder am Arbeitsplatz treten sie jedoch in top modischem styling auf, passender Schmuck und perfektes Make-up sind selbstverständlich.

Neugierige und erstaunte Blicke verfolgen uns bei unserem Spaziergang auf der mit winzigen Läden belebten Straße von Kunduz, kein Wunder, hierher verirren sich nur selten Individualtouristen. Vorsichtig wagen wir erste Fotos und lösen sofort eine Welle der Begeisterung aus, fast jeder möchte aufs Bild, empfindet dies als besondere Ehre!
Bei Dunkelheit kommen wir ins Hotel zurück, da herrscht schon hellste Aufregung, wo wir denn so lange geblieben sind, man hat sich schon Sorgen um uns gemacht. Hier sind wir nicht Kunden, hier sind wir Gäste!
Die Fürsorge um uns bleibt übergroß, am nächsten Tag werden wir sogar zum Taxistandplatz begleitet. Argwöhnisch beäugen wir die fast leeren, klapprigen Minibusse. Die fahren erst los, wenn jeder Sitzplatz doppelt belegt ist, und das kann manchmal Tage dauern! Eine Alternative sind die Shared Taxis, da zahlen wir einfach den vierten Platz dazu. Der Preis wird für uns ausgehandelt, im Nu sind wir auf der Piste und können uns im Gefährt auch noch rühren.
Während wir auf staubiger Straße durch eine liebliche Flusslandschaft düsen, wird der Fahrer unterwegs etliche Male angerufen, ob es uns gut gehe, wir genug zu essen und zu trinken hätten. Als sich das Tal verengt und wir uns auf einer tollkühn in den Felsen geschlagenen Piste hinter keuchenden LKWs vorantasten, tief unter uns das Wasser, drohend über uns lose Felsbrocken, da wird die Fahrt so richtig abenteuerlich!

Auch in der Provinzhauptstadt Faizabad überall freudiges Winken bei unserem Gang durch die schmalen Gässchen des Marktes, viele versuchen mit einigen Brocken Englisch mit uns ins Gespräch zu kommen. Wären wir jeder Einladung nachgekommen, würden wir wahrscheinlich heute noch in dem entzückenden Örtchen bei Tee und Süßigkeiten plaudern!
Stolz präsentiert sich der bewaffnete Wachposten vor dem Postamt unseren Kameras, drinnen wird der würdige Vorstand von einer fröhlich quirligen Damenrunde umschwirrt, ziemlich aufreizend gekleidet und geschminkt, die Burkas hängen allesamt an einem Haken, über unser Erscheinen sind alle äußerst entzückt.
Wir wollen einige Papierfotos als Ansichtskarten verschicken, eine kleine Sensation! Verstaubte Ordner werden ausgegraben, Bücher und Erlässe studiert, Telefonate mit Kabul geführt, inzwischen werden wir mit Köstlichkeiten verwöhnt und bestens unterhalten. Schließlich wird ein Preis für den Versand ermittelt, Marken ausgekramt. Nach fast zwei Stunden posieren alle für das Abschiedsfoto, die blonden Haarsträhnen werden kunstvoll ins rechte Licht gerückt.
Auch der anschließende Spaziergang durch den Markt ist von Heiterkeit und Offenheit geprägt. Während Geri seiner eigenen Wege geht und immer wieder zu Leckereien eingeladen wird, streifen Sylvi und Doris zwischen den Marktbuden herum und müssen unzählige Fotos schießen.

In steilen Kehren kurvt die Staubstraße aufwärts zwischen vegetationslosen glatten Abhängen des Pamir Gebirges, in von wilden Flussschlingen durchzogene fruchtbar grüne Hochtäler bis 3260m Höhe. Ockerbraune Murmeltiere huschen blitzschnell zwischen ihren Erdlöchern hin und her, schwer beladene Esel ziehen immer wieder an uns vorüber.
Eingebettet in den wuchtigen Felsen liegt tiefblau und ruhig der Shewa See. Unweit davon einige Lehmhütten, wo uns ein Teppichlager für die Nacht angeboten wird. Doris klettert auf einer Leiter durch ein Loch, Dunkelheit, nur vom Schein eines flackernden Feuers durchbrochen und beißender Qualm, der kaum durch einen winzigen Schacht ins Freie dringen kann, umfangen sie. Hier bereitet sie mit den einheimischen Frauen in einer unterirdisch gelegenen rußigen engen Steinküche Kartoffel zu. Im Gemeinschaftsraum der Männer läuft inzwischen im italienischen TV-Kanal Werbung für Fitnessgeräte mit Models in knappen Bikinis, was für allgemeines Gelächter sorgt.



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